Seit jeher ist der Mount Fuji mit seinen 3776m Höhe in Japan bekannt und beliebt, und auch Touristen erfreuen sich seiner eindrucksvollen Schönheit. An schönen Tagen kann man den Berg sogar von den Dächern Tokyos oder Yokohamas aus sehen! In der Gegend rund um den Mount Fuji bieten sich Fotografiebegeisterten allerlei tolle Fotomotive, und auch die Sportler unter uns kommen auf ihre Kosten: Wanderfans können die einmalige Gelegenheit nutzen, sich für kurze Zeit am höchsten Punkt Japans zu befinden. Auch ich habe mich im August 2018 auf den Weg nach ganz oben begeben – ohne Wandererfahrung, angemessene Wanderkleidung und leider auch ohne ausreichende Wegzehrung.
Der Plan, den Mount Fuji zu besteigen, stand schon einige Zeit nachdem ich nach Japan gekommen bin fest: eines eher unereignisreichen Samstages im Büro habe ich nach Hotels mit schöner Sicht auf den Fuji gesucht und bin per Zufall auf die Website eines Reisetourenanbieters gestoßen, der auch Wandertouren auf den Mount Fuji anbot. Wow, dachte ich mir, das muss ich auch machen! Da die Wanderwege nur von Juli bis September geöffnet sind, wurde die Idee aber erst einmal vertagt und nur mit einer kleinen Notiz auf meiner schon sehr umfangreichen Reiseziel-Liste festgehalten.
Nach einiger Recherche Mitte Juli stand für mich schnell fest, dass eine geführte Gruppen-Wandertour für mich nicht in Frage kam, ebenso wenig wie eine Übernachtung in einer der Berghütten, die sich an den verschiedenen Stationen auf unterschiedlicher Höhe befinden. Der Grund dafür war der stolze Preis von mindestens 10.000¥ allein für die Übernachtung auf einem schmalen Futon in einem Raum mit sehr vielen anderen Wanderern.
Da die Wanderpfade, vor allem der am meisten frequentierte Yoshida-Pfad, gut besucht und von der Schwierigkeit her relativ leicht sind, habe ich mich stattdessen dazu entschieden, auf eigene Faust in nur einer Nacht den Mount Fuji zu besteigen. Mit dem letzten Bus, der an dem Tag fuhr, bin ich mit meinem Freund vom Parkplatz am Fuße des Mount Fuji bis zur fünften Station des Yoshida-Pfads auf 2305m Höhe gefahren und habe dort zur Stärkung noch ein japanisches Curry gegessen, bevor ich gegen 20:00 Uhr losgewandert bin.
Vorbereitung ist die halbe Miete
Auch wenn der Mt. Fuji ein eher leicht zu erklimmender Berg ist und auch unerfahrenere Wanderer hier den Aufstieg wagen können, sollte man ihn dennoch nicht unterschätzen. Mit dem großen Höhenunterschied kommt auch ein beträchtlicher Temperaturunterschied, der gut und gerne auch 30°C zwischen dem Fuß und dem Gipfel des Fuji betragen kann. Auch im Sommer können dort also Temperaturen von weniger als 0°C herrschen. Da sich der Gipfel des Mt. Fuji auf über 2500m Höhe befindet, kann einen auch die Höhenkrankheit erwischen. Wer bei Nacht klettert, hat eingeschränkte Sicht auf dem unebenen Gelände und muss extra Vorsicht walten lassen. Zudem kann das Wetter schnell umschlagen. Insbesondere da der Mt. Fuji ein noch aktiver Vulkan ist, sind Wetter- und sonstige Warnungen ernst zu nehmen.
Das richtige Gepäck
Der offizielle Guide der Präfektur Yamanashi empfiehlt angemessene Bekleidung, ausreichend Proviant und folgendes Gepäck:
Festes Schuhwerk, möglichst Wanderschuhe und dicke Socken:
Der Weg über Vulkangestein ist uneben und scharfkantig. Ich hatte damals nur Sneaker an und habe jeden Stein gespürt und einen Haufen Sand in die Schuhe bekommen.
Zwiebellook:
Um die Temperaturabnahme mit steigender Höhe zu verkraften, am besten ein T-Shirt anziehen und im Laufe der Wanderung einen Pullover, eine leichte Jacke und eine dicke Jacke drüberziehen. Um vor plötzlichem Regen geschützt zu sein, sind wasserabweisende und schnelltrocknende Materialien zu wählen. Ebenso bei der Hose: mit einer Leggins oder dünnen Sporthose loswandern und später eine dickere (Thermo-)Hose drüberziehen. Außerdem können eine Mütze oder ein Stirnband und Handschuhe ab kurz unterhalb des Gipfels, vor allem beim Warten auf den Sonnenaufgang, hilfreich sein.
Sonnenschutz:
Da es in den oberen Höhenlagen keine Vegetation mehr gibt, ist man der Sonne beim Abstieg schutzlos ausgeliefert. Der Guide empfiehlt einen Hut, eine Sonnenbrille, auch gegen aufgewirbelten Staub, und Sonnencreme.
Proviant:
Leichte, aber energiereiche trockene Snacks wie Kekse und Cracker. Pro Person werden etwa 1,5-2 Liter Wasser gerechnet. Wasser kann man an jeder Hütte kaufen, kostet pro Flasche dann aber bis zu 500¥… Für entstehenden Abfall braucht man eine Mülltüte, da es, wie fast überall in Japan, keine Mülleimer gibt.
Elektrische Geräte:
Handy, Kamera und einen Ersatzakku bzw. eine Powerbank, um tolle Aufnahmen zu machen 🙂
Sonstiges Gepäck:
Wer bei Nacht wandert, braucht unbedingt eine Stirnlampe und Ersatzbatterien, um den Weg überhaupt zu sehen. Außerdem ist es wichtig zu wissen, dass nirgendwo auf dem Mt. Fuji Kreditkarten akzeptiert werden, weshalb man Bargeld mitbringen sollte, insbesondere ausreichend viele 100¥-Münzen für die Toiletten und Getränkeautomaten. Der Boden kann sehr kalt werden, sodass man für das Warten auf den Sonnenuntergang unbedingt eine Sitzunterlage mitnehmen sollte.
Kontaktdaten für den Notfall
Um im Notfall schnell und ohne Kommunikationsschwierigkeiten handeln zu können, empfiehlt es sich, ein entsprechendes Formular auszufüllen. Ein solches Formular befindet sich beispielsweise im offiziellen Handbuch der Präfektur Yamanashi auf Seite 28. Im Notfall müssen nur noch die Symptome eingetragen werden.
Viele Wege führen zum Ziel…
Es gibt insgesamt vier Wanderwege, die bis zur Spitze des Mount Fuji führen: den Yoshida-Trail, den Fujinomiya-Trail, den Subashiri-Trail und den Gotemba-Trail. Sie haben unterschiedliche Startpunkte, und bis auf den Yoshida-Trail, der in der Präfektur Yamanashi beginnt, liegen alle in der Präfektur Shizuoka. Ich habe mich damals für den Yoshida-Trail entschieden, da er leicht mit dem Bus zu erreichen und mit ausreichend Toiletten und erste-Hilfe-Stationen ausgestattet war.
Der Yoshida-Trail (吉田ルート)
Der Yoshida-Trail ist der meistgenutzte der vier Wanderrouten. Der Aufstieg ab der fünften Station beginnt gemütlich mit geringer Steigung und einem kleinen Abschnitt durch einen Wald, wo auf die Gefahren des Berges, wie Steinschlag, Höhenkrankheit und plötzliche Wetterwechsel aufmerksam gemacht wird.
Die sechste Station (2390m) erreicht man nach nur etwa 50 Minuten. Das Stück zwischen der sechsten und siebten Station (2700m) zieht sich ziemlich, weil man knapp über eine Stunde nur im Zickzack langweilige Geröllfelder hochläuft. Danach wird es abwechslungsreicher, immer mal wieder müssen kurze steilere Felsabschnitte erklommen werden. Bis zur achten Station (3100m) benötigt man etwa zwei Stunden und bis zur ehemaligen achten Station (3360m) noch einmal anderthalb Stunden. Auf der offiziellen Website sind die Wanderzeiten etwas kürzer angegeben, allerdings staut es sich zwischendurch immer mal wieder an den steileren Stellen, sodass sich das Weiterkommen etwas verzögert.
Das letzte Stück ist extrem schmal und, vor allem wenn man nachts klettert, staut es sich dort, weil alle auf den Sonnenaufgang warten. Anstatt weiter in Schneckentempo voranzuschreiten, habe ich mich etwas abseits des Weges gesetzt und gewartet. Erst danach habe ich die letzten 90 Minuten an der neunten Station (3580m) vorbei zum Gipfel fortgesetzt.
Der Yoshida-Trail im Überblick
geöffnet: 1. Juli – 10. September
Aufstieg: 6,5 – 7 Stunden, erfahrene Wanderer evtl. schneller
Abstieg: ca. 3,5 Sunden über Geröllfelder bis zurück zur 6. Station, zzgl. 50min bis zur 5. Station
Toiletten: für 200¥ an der 5., 6. und 7. Station und an Berghütten, für 300¥ am Gipfel
erste Hilfe: an der 5., 7. und 8. Station
5. Station: 2305m, bietet Parkplätze, Souvenirshops und Restaurants
Anfahrt: mit dem Bus täglich von Shinjuku oder Kawaguchiko aus
Der Fujinomiya-Trail (富士宮ルート)
Der Fujinomiya-Trail ist der kürzeste und zweitbeliebteste der vier Wanderwege. Die fünfte Station liegt auf einer Höhe von 2400m. Von hier aus erreicht man die sechste Station nach gerade einmal 20-30 Minuten und nach einer knappen weiteren Stunde die neue siebte Station. Die alte siebte Station liegt eine Stunde Fußmarsch weiter oben am Berg. Bis zur achten Station dauert es etwa 40 Minuten und bis zur neunten Station anschließend eine halbe Stunde. Bis zum Gipfel ist es nun nur noch eine knappe Stunde.
Wer nicht unbedingt den Gipfel des Mt. Fuji besteigen möchte, hat bereits von der fünften Station aus einen tollen Ausblick. Je nach Wetterlage befindet man sich auch schon über der Wolkendecke. Es besteht ebenfalls die Möglichkeit, einen der benachbarten Gipfel zu besteigen: nach der sechsten Station zweigt ein kurzer Weg zum Hoeizan ab, der beim letzten Ausbruch des Mt. Fuji um 1700 entstand.
Anders als bei den anderen Aufstiegen ist der Abstieg die selbe Strecke, die man auch hochgewandert ist. Man läuft also keine Gefahr, den falschen Abzweig zu wählen. Da der Fujinomiya-Trail allerdings gut besucht ist, muss man auf einem entgegenkommende Wanderer Rücksicht nehmen, besonders an den engen und steilen Stellen. Der Aufstieg wie auch der Abstieg sind relativ steil und steinig. Daher muss auf angemessene Ausrüstung geachtet werden. Es gab in der Vergangenheit bereits schwere Stürze.
Der Fujinomiya-Trail im Überblick
geöffnet: 10. Juli – 10. September
Aufstieg: 4,5 – 5,5 Stunden
Abstieg: ca. 3 Stunden bis zur 5. Station
Toiletten: für 200¥ an der 5. Station und an Berghütten, für 300¥ am Gipfel
erste Hilfe: an der 8. Station
5. Station: 2400m, bietet Parkplätze, Souvenirshops und Restaurants
Anfahrt: mit dem Bus täglich vom Bahnhof Fujinomiya, Fuji oder Shin-Fuji aus
Der Subashiri-Trail (須走ルート)
Der Subashiri-Trail erklimmt den Mount Fuji von der östlichen Seite. Besonders an dieser Route ist, dass sich die Waldgrenze hier, verglichen mit den anderen Wanderwegen, relativ weit oben befindet. Bis zur siebten Station etwa bewegt sich der Weg durch den Wald. Der Name des Pfads kommt von den sich an die Waldgrenze anschließenden Vulkanstein- und -sandfeldern, auf Japanisch 砂走り (sunabashiri, wortwörtlich Sandlauf). Außerdem kann man der fünften Station aus einen kleinen benachbarten Gipfel auf der Seite des Fuji besuchen. Der sogenannte Kofuji, der „kleine Fuji“, ist 1906m hoch und nach nur 20 Minuten Fußweg zu erreichen.
Die fünfte Station liegt mit circa 2000m bedeutend niedriger als die fünfte Station des Yoshida-Trails. Auch hier beginnt der Wanderweg zum Gipfel des Fuji hinter der fünften Station durch den Wald. Nach etwa einer Stunde erreicht man die sechste Station. Bis zur siebten Station dauert es anderthalb Stunden, und bis zur achten Station weitere 60 Minuten. Die ehemalige achte Station erreicht man nach etwa 30 Minuten, dort stößt der Subashiri-Trail auf den Yoshida-Trail und verläuft mit ihm gemeinsam bis zum Gipfel.
Der Subashiri-Trail im Überblick
geöffnet: 10. Juli – 10. September
Aufstieg: 6 – 6,5 Stunden
Abstieg: ca. 3 Stunden über Geröllfelder und Sandläufe bis zurück zur 5. Station
Toiletten: für 200¥ an der 5. Station und an Berghütten, für 300¥ am Gipfel
erste Hilfe: keine
5. Station: 2000m, bietet Parkplätze, Souvenirshop und Restaurant
Anfahrt: mit dem Bus täglich vom Bahnhof Gotemba oder Shin-Matsuda aus
Der Gotemba-Trail (御殿場ルート)
Der Gotemba-Trail ist der längste Wanderweg und, vielleicht gerade deswegen, der am wenigsten frequentierte. Die fünfte Station liegt gerade einmal auf 1450m Höhe, wodurch über 2300 Höhenmeter bis zum Gipfel zu überwinden sind. Allein bis zur sechsten Station dauert es fast vier Stunden, bis zur siebten Station wandert man weitere 45 Minuten. Nach etwa 90 Minuten erreicht man die achte Station. Von dort aus sind es noch einmal 90 Minuten bis zum Gipfel.
Der Gotemba-Trail ist zwar nicht sehr steil, allerdings ist er durch die lange Wanderzeit und fehlende Notfall-Services nicht für Unerfahrene geeignet. Es gibt nur wenige Hütten entlang der Route und die meiste Zeit läuft man über Geröllfelder ohne Orientierungspunkte. Auf der offiziellen Mt. Fuji Website wird auch ausdrücklich vor häufigem und dichtem Nebel gewarnt.
Durch die geringe Anzahl an Besuchern auf diesem Pfad kann man allerdings in seinem eigenen Tempo wandern, ohne andere zu beeinträchtigen. Man hat fast immer uneingeschränkte Sicht auf den Gipfel und auch der Sonnenaufgang soll von hier besonders gut zu sehen sein. Der Abstieg ist im Verhältnis zum Aufstieg ziemlich schnell, da man geradewegs über die weitläufigen Vulkanstein- und -sandfelder absteigen kann.
Der Gotemba-Trail im Überblick
geöffnet: 10. Juli – 10. September
Aufstieg: 7 – 8 Stunden
Abstieg: ca. 4 Stunden über Geröllfelder und Sandläufe bis zurück zur 5. Station
Toiletten: für 200¥ an der 5. Station und an den wenigen Berghütten, für 300¥ am Gipfel
erste Hilfe: keine
5. Station: 1400m, bietet Parkplätze und Souvenirshop
Anfahrt: mit dem Bus täglich vom Bahnhof Gotemba aus
Oben angekommen – das war’s schon?
Natürlich nicht, denn oben wartet ja überhaupt erst die beste Aussicht, die man über Japan haben kann! Es ist wirklich beeindruckend, bis ganz ins Tal zu schauen. Außerdem besteht noch die Möglichkeit einer Kraterumrundung. Die Kraterumrundung, auf Japanisch お鉢巡り (ohachi meguri, wortwörtlich „Schüsselwanderung“), dauert etwa eine Stunde. Um sich auf dem tatsächlich höchsten Punkt Japans zu befinden, muss man diese auch machen, weil man kommt nicht am höchsten den Krater umgebenden Punkt raus, egal welche Route man wählt.
Für diejenigen, denen es genügt, sich circa 10 Meter unter dem tatsächlich höchsten Punkt Japans zu befinden, gibt es am Ende des Yoshida-/Subashiri-Trails auch einen Schrein, den Kusushi-Jinja (久須志神社). Man kann sich für einige Yen einen Stempel abgeholen. Die Stempel sind neben den ganzen Fotos, die ich gemacht habe, ein schönes Andenken an meine Wanderung. Wer noch kein Goshuin-Buch hat und gerne anfangen möchte, Stempel an Schreinen und Tempeln zu sammeln, kann sich dort eins mit exklusivem Fuji-Motiv kaufen.
Die Kraterumrundung im Überblick
geöffnet: 10. Juli – 10. September
Wanderzeit: ca. eine Stunde
Toiletten: für 300¥ jeweils am Ende des Yoshida-/Subashiri-Trails und des Fujinomiya-Trails
Mein Weg zum höchsten Punkt Japans
Das Schönste war das Warten auf den Sonnenaufgang. Sobald es anfing zu dämmern, habe ich mich etwas abseits des Weges gesetzt und eingekuschelt gewartet. Nach und nach hat sich der Himmel orange-rot gefärbt und die Sonne ist am Horizont aufgetaucht. Sobald sich die Wolken geklärt hatten, konnte ich bis ganz ins Tal schauen und hatte Ausblick über weite Grünflächen. Der Ausblick hat wirklich die ganzen Anstrengungen wettgemacht und die Müdigkeit vom nächtlichen Wandern weggefegt.
Oben habe ich mir dann auch einen Goshuin in mein Buch geben lassen. Weil mein Buch irgendwie auf dem falschen Stapel gelandet ist, habe ich sogar beide Stempel bekommen.
Leider habe ich den Fehler gemacht, meinen Geldbeutel nach dem Bezahlen der Toilette an der sechsten Station nicht zurück in den Rucksack zu räumen. Stattdessen habe ich ihn auf die Ablage gelegt – und dort vergessen. Mir ist es erst beim nächsten Toilettengang aufgefallen, dass mein Geldbeutel fehlt. Nach einem kurzen Anruf wurde schnell geklärt, dass ein ehrlicher Mensch ihn an der Station abgegeben hat und ich ihn abholen kann. Da der Yoshida-Trail aber bei den vielen Wanderern quasi eine Einbahnstraße ist, blieb mir nichts anderes übrig, als erst einmal weiterzuwandern und ihn am nächsten Tag beim Abstieg abzuholen. Ich nahm also nicht den regulären Abstieg, sondern bin bei etwa der Hälfte des Abstiegs wieder auf den Aufstiegspfad zurückgekehrt. Der Weg kam mir viel schwieriger beim Abstieg als beim Aufstieg vor.
Ein Sprichwort sagt, „ein weiser Mann besteigt den Fuji, nur ein Narr besteigt ihn zweimal“. Und zugegebenermaßen war es eine ziemlich anstrengende Wanderung, die meine Muskeln noch drei Tage später nachfühlen konnten. Vor allem der Abstieg war sehr anstrengend für die Knie. Dennoch bin ich mit so vielen tollen Erinnerungen nach Hause gefahren, dass ich noch einmal auf den Mount Fuji möchte, nächstes Mal werde ich aber von ganz unten starten.
Dann werde ich mich aber definitiv besser vorbereiten. Da ich oft gelesen habe, dass es eine leichte Wanderung ist, die auch unerfahrene Wanderer angehen können, bin ich etwas naiv an die Sache herangegangen. Ich habe nur Sneakers getragen, die zwar bequem waren, aber ich konnte jeden Stein unter meinen Füßen spüren und habe einen Haufen Sand in die Schuhe bekommen. Ich habe auch viel zu wenig Proviant mitgenommen, nur zwei kleine Flaschen Wasser und ein paar Reiscracker, weil ich ja unmittelbar zuvor noch im Restaurant gegessen habe. Daher musste ich für 500¥ vollkommen überteuertes Wasser knapp unter dem Gipfel nachkaufen, und auch die Reiscracker waren schon vor der siebten Station leergefuttert.
Zumindest auf die Temperaturunterschiede war ich angemessen vorbereitet. Es waren in Tokyo an die 40°C, auf der fünften Station schon waren es nur noch 26°C und oben waren es gerade einmal 3-4°C. Mit meinem Zwiebellook wurde mir nicht kalt – bringe also ausreichend warme Kleidung mit. Eine Sitzunterlage hätte ich aber doch auch ganz gut gebrauchen können.
Mit der Höhenkrankheit hatte ich zum Glück keine Probleme, aber man hat gespürt, dass die Luft nach oben hin nach und nach immer dünner wurde.
Insgesamt habe ich etwa 16 Stunden für Auf- und Abstieg gebraucht. Die lange Zeit ist hauptsächlich meiner Dummheit geschuldet, dass ich nicht einfach den normalen Abstieg nehmen konnte, sondern den gleichen Weg nehmen musste, den ich auch schon hoch gekommen bin. Der war durch die steinigen Abschnitte, die ich rückwärts wieder runter klettern musste, viel anstrengender und zeitaufwändiger als der einfache Abstieg über Geröllfelder. Natürlich habe ich auch noch etwas oben verweilt, um den Sonnenaufgang anzuschauen und Bilder zu machen. Die Kraterumrundung habe ich mir gespart, der Ausblick war von meinem Standort aus auch gut genug.
Zurück an der fünften Station habe ich mir ein dickes Softeis und Pfirsichlimonade gegönnt, während ich auf den Bus gewartet habe. Schon auf der Fahrt zurück zum Parkplatz merkte ich, wie müde ich war – kein Wunder, es war schließlich schon fast 12:00 Uhr und ich bin die ganze Nacht ohne zu schlafen durchgewandert! Zurück im Auto habe ich die Klimaanlage angestellt und erstmal eine Stunde geschlafen. Direkt bei der ersten Service Area auf der Autobahn habe ich mir dann Ramen bestellt. Bis heute finde ich, dass das die besten Ramen waren, die ich je gegessen habe!
Doch der Wandertourismus hat auch seinen Preis…
Jedes Jahr erklimmen auf allen vier Wanderwegen zusammen bis zu 300.000 Menschen den Mount Fuji. Besonders auf dem Yoshida-Trail ist das Besucheraufkommen besonders hoch: fast 200.000 Wanderer wählen jedes Jahr diesen Weg [1], [4]. In den letzten Jahren hält sich diese Zahl relativ konstant, doch vor 2008 konnte der Berg einen großen Anwuchs an Besuchern verzeichnen. Seit 1980 hat sich der Ansturm mehr als verdoppelt [2]. Die Besteigung des Mount Fuji geschieht schon lange nicht mehr aus religiösen und spirituellen Gründen, sondern vielmehr aus touristischer Neugier [3]. Es hat sich ein regelrechter Wandertourismus entwickelt.
Mit steigenden Besucherzahlen hat auch die Müllbelastung der Wanderwege zugenommen. Immer mehr Wanderer ließen leere Wasserflaschen und Snacktüten zurück. Auf den niedrigeren Höhen, die noch mit dem Auto erreichbar sind, findet sich auch immer wieder abgeladener Elektro- und Bauschrott. Für Hüttenbesitzer und Freiwillige entstand so viel zusätzliche Arbeit, um den Berg und die Gegend rund herum sauber zu halten.
Daher gibt es seit 2014 den Fujisan Conservation Fund, der es sich zum Ziel gesetzt hat, den Fuji auch für nachfolgende Generationen zu erhalten. Am Beginn der Wanderwege nach der fünften Station wird man darum gebeten, 1000¥ zu zahlen, die direkt in Projekte rund um den Mount Fuji fließen. So wird dafür gesorgt, dass der Berg müllfrei bleibt, Toiletten intakt gehalten und erste-Hilfe-Stationen ausgebaut werden können. Auch die Ausstattung von Wanderwegen mit Seilen an steilen Abschnitten und andere Sicherheitsmaßnahmen werden davon finanziert. Ein Teil der Einnahmen fließt auch in Kunstprojekte und an das Mt. Fuji World Heritage Center in der Präfektur Yamanashi. Als Besucher bekommt man im Gegenzug nicht nur einen sauberen Mount Fuji, sondern auch ein dünnes Handbuch und einen kleinen Holzanhänger als Andenken.
Der Fuji ist zum Glück ein relativ einfach zu erklimmender Berg mit gut gesicherten Wanderwegen, daher gibt es wenig Unfälle. Von 1989 bis 2008 wurden nur 155 Vorfälle gemeldet, von denen die meisten Leichtsinnigkeit und Eile beim Abstieg sowie fehlende angemessene Ausrüstung und daraus folgenden Stürzen zuzuschreiben sind [2]. Trotz zunehmender Besucherzahlen ließ sich kein bedeutender Anstieg an Unfällen feststellen. Außerhalb der offiziellen Klettersaison kann es allerdings durch Schneefall und Eis sehr gefährlich sein, den Mount Fuji zu besteigen.
Übrigens gab es vor 2005 keine richtigen Toiletten am Mount Fuji. Die Exkremente flossen einfach ins Freie und den Berg hinunter. Das mag bei den wenigen Wanderern, die den Mount Fuji anfangs besucht haben, kein Problem gewesen sein, doch mit den hohen Besucherzahlen entwickelten sich daraus sogenannte „weiße Flüsse“ aus Toilettenpapier und Abwasser [5]. Zum Glück gehört das der Vergangenheit an.
Ein Problem, das sich bisher leider nicht lösen lässt, ist die hohe Lichtverschmutzung. Die täglich bis zu 7.500 Wanderer sind sogar aus der Ferne als sich den Berg hochwindendes Lichtband zu sehen. Da man quasi in einer Schlange den Berg hochklettert und jeder seine eigene Stirnlampe zum Klettern braucht, ist das wohl kaum zu vermeiden.
Hilfreiche Links
- Offizielle Mt. Fuji Website
- Offizielle Karte aller Wanderwege und wichtiger Orientierungspunkte
- Mt. Fuji Guide von Japan Travel
- Offizielles Handbuch der Präfektur Yamanashi zum Mt. Fuji (2018) (pdf)
- Offizieller Guide zum Yoshida-Trail (pdf): lang oder kurz
- Offizieller Guide zum Fujinomiya-Trail (pdf): lang oder kurz
- Fuji-Kyuko Bus (Shinjuku/Kawaguchiko → Yoshida-Trail 5. Station)
Quellen
[1] Jones, T. E.; Yang, Y.; Yamamoto, K. (2016): Inbound, expat, and domestic climbers: A segment-
based expenditure analysis of Mount Fuji’s summer season. Tourism Review International,
20(2/3): 155-163. via researchgate.net, zuletzt aufgerufen 09.05.2021
[2] Jones, T. E.; Yamamoto, K.; Hayashi, U.; Jones, N. R (2013).: Summer Climbing Incidents
Occurring on Fujisan’s North Face from 1989 to 2008. via researchgate.net, zuletzt aufgerufen
09.05.2021
[3] Kureha, M; Kikuchi, T; Sano, M.; Yamamoto, M. (2015): Overview of Special Issue: Human
Geographical Studies of Mount Fuji Region Focusing on Tourism. Journal of Geography, 124(6):
877-885. via jstage.jst.go.jp, zuletzt aufgerufen 09.05.2021
[4] nippon.com: Poor Weather Brings Dip in Mount Fuji Climbers, zuletzt aufgerufen 09.05.2021
[5] nippon.com: Keeping Mount Fuji at the Peak of Beauty, zuletzt aufgerufen 09.05.2021
Stand: Mai 2021