Die Küche Japans gilt im Allgemeinen als besonders gesund und abwechslungsreich. Klassiker wie Sushi oder Ramen sind auf der ganzen Welt bekannt und beliebt. Doch wie haben sich diese Gerichte entwickelt? Warum verwenden wir die Zutaten, die wir verwenden? Kurzum: Was hat die japanische Küche zu dem gemacht, was sie heute ist?
Ich besuche aktuell an der Uni einen Japanischkurs, der sich mit der Küche Japans befasst und versucht, uns Studierenden die Sprache von der kulinarischen Seite her näherzubringen. Von der ersten Vorlesung an hat mich das Thema neugierig auf mehr gemacht. Deshalb dachte ich mir, dass ich hier auf meinem Blog eine Reihe starte, die sich mit genau diesem Thema befasst. Etwa alle zwei Wochen soll ein neuer Beitrag in der Reihe erscheinen.
Dieser Artikel stellt den ersten Beitrag der Reihe dar. Im Folgenden wird herausgearbeitet, was die japanische Küche und Esskultur auszeichnet und wie das durch die Geschichte und Geographie des Landes beeinflusst wurde.
Klima und geographische Lage Japans
Um zu verstehen, warum wir in Japan eine so große Palette an unterschiedlichsten Zutaten und damit auch eine so vielfältige Küche haben, müssen wir uns zuerst mit dem Klima und der geographischen Lage Japans befassen. Japan erstreckt sich vom 20. Breitengrad bis zum 45. Breitengrad. Das ist von Norditalien bis Marokko, Japan liegt also viel südlicher als Deutschland.
Neben den vier Hauptinseln Hokkaido, Honshū, Shikoku und Kyūshū besteht Japan aus über 6.500 weiteren Inseln. Während der Großteil Japans sich in der gemäßigten Klimazone befindet und damit vier deutlich unterscheidbare Jahreszeiten hat, herrscht in Teilen Hokkaidos subarktisches Klima und auf den südlichen Inseln, wie beispielsweise auf Okinawa, tropisches Klima.
Japan ist zu etwa 75% der Landfläche mit Bergen bedeckt. Im Landesinnern befinden sich auch Berge von 3.000m Höhe oder mehr. Zudem ist das Land mit Flüssen durchzogen und dank der jährlichen Regenzeit hat das Land auch ausreichend Trinkwasser von guter Qualität zur Verfügung stehen. Dadurch, das sowohl kalte als auch warme Wasserströmungen Japan umspielen, weisen die Meere rund um Japan einen hohen Artenreichtum an Fischen auf.
Durch die Vielzahl an verschiedenen Klimazonen und Umweltbedingungen entstehen ganz viele unterschiedliche Ökosysteme, die allerlei Pflanzen und Tiere beherbergen. Das trägt natürlich erheblich zu der Vielfalt bei, die wir auch in der japanischen Küche erfahren. Zusätzlich haben Einflüsse aus dem Ausland die japanische Küche weiter bereichert, aber dazu an späterer Stelle etwas mehr.
Das Maximum an Geschmack
Die japanische Küche folgt dem Grundsatz, dass Lebensmittel auf verschiedene Weise zubereitet werden können, um das Maximale an Geschmack herauszuholen und keine Lebensmittel zu verschwenden. Köche wissen, wie sie ohne viele weitere Zutaten alleine durch die Zubereitungsweise Geschmacksnoten hervorheben können. Auch das Zusammenspiel verschiedener Texturen ist typisch in der japanischen Küche.
Der Umgang mit Fisch in der japanischen Küche illustriert diese Prinzipien deutlich: Solange der Fisch noch besonders frisch ist, wird er gerne roh zubereitet und als Sashimi, nur mit etwas Sojasauce und Wasabi, gegessen. Wenn er nicht mehr ganz so frisch ist, wird er eher gebraten oder gekocht und kommt dort noch geschmacklich gut zur Geltung.
Natürlich hat sich das mit dem Fortschritt der Kühltechnik etwas geändert. Fisch ist viel länger frisch genug, um auch roh gegessen zu werden. Während früher Sashimi nur in unmittelbarer Nähe von Fischereigebieten gegessen werden konnte, kann man es heutzutage auch im Landesinneren genießen.
Neben Fisch wird auch Fleisch in einigen Gebieten Japans roh verzehrt: In Kumamoto ist beispielsweise rohes Pferdefleisch eine Spezialität. Auch rohe Eier gehören zu vielen Gerichten dazu, zum Beispiel als Sauce bei Sukiyaki, oder als Topping auf frisch gekochtem Reis mit etwas Sojasauce und Nori. Durch die vielen Gerichte, die rohe Lebensmittel verarbeiten, gilt Japans Lebensmittelgesetz als besonders streng.
Saisonale Gerichte und Zutaten
Wie bereits beschrieben, hat der Großteil Japans vier verschiedene Jahreszeiten. Der Wechsel der Jahreszeiten wird auch vom Wechsel saisonaler Zutaten begleitet. So haben im Laufe eines Jahres verschiedene Obst- und Gemüsesorten und Fischarten Saison und gelten dann als besonders lecker. Zudem gehören einige jährlich stattfindende Feste ganz unbestreitbar mit bestimmten Gerichten zusammen: An Neujahr werden beispielsweise immer Mochi gegessen, und im Frühling zur Kirschblütenzeit gibt es auf allen Hanami-Events Snacks mit Sakura-Geschmack.
Japaner assoziieren gewisse Lebensmittel stark mit einer bestimmten Jahreszeit. Im Winter ist zum Beispiel Gelbflossenthunfisch saisonal. Sobald man diesen im Supermarkt kaufen kann, haben Japaner das Gefühl, dass nun der Winter da ist. Ebenso haben im Herbst, ab etwa Oktober, Maronen Saison. Man findet dann viele Desserts mit Maronen in japanischen Bäckereien, was für Japaner die kältere Jahreszeit einläutet.
Durch Fortschritte in der Kühltechnik ist die Küche Japans nicht mehr so stark darauf angewiesen, Lebensmittel saisonal zu verarbeiten. Tiefgefroren halten sich frische Lebensmittel monatelang. Dennoch hält sich der Gedanke, dass man bestimmte Lebensmittel eigentlich nur zu gewissen Jahreszeiten isst – aus Tradition.
Einflüsse aus dem Ausland
Während der Meiji-Restauration wurde Japan von einer Welle der Verwestlichung erfasst, im Zuge derer viele westliche Einflüsse Einzug in die japanische Kultur fanden. Mit der Zeit haben sich durch die allgemeine Globalisierung weitere Lebensweisen aus dem Ausland in das traditionelle japanische Leben eingeschlichen. Viele Gerichte, die ihren Ursprung im Ausland haben, sind heutzutage echte Favoriten und nicht aus der japanischen Küche wegzudenken. Diese Gerichte werden als „Yōshoku“ (jap. 洋食) bezeichnet.
Das beliebte japanische Curry und das Gericht Katsu-Curry beispielsweise kamen während der Meiji-Zeit durch die Briten aus Indien nach Japan. Auch der Klassiker Ramen kommt ursprünglich aus China und ist eine Abwandlung des chinesischen Gerichts Lamian, das zu Ende des 19. Jahrhunderts durch chinesische Einwanderer nach Japan gebracht wurde. Beide Gerichte, und auch andere Gerichte mit ausländischen Wurzeln, haben sich mit der Zeit gewandelt und an den japanischen Geschmack angepasst.
Diese Entwicklung ist nicht nur in der japanischen Küche bemerkbar, sondern auch die Wohnsituation hat sich über die Zeit gewandelt: In vielen neueren Apartments haben beispielsweise Laminat und Fliesen die Tatami-Matten abgelöst und auch der Futon wird oft aus Platzgründen durch ein Bett mit Stauraum darunter ersetzt.
Reis in der japanischen Küche
Reis ist ohne Frage das wichtigste Lebensmittel in der japanischen Küche. Sushi, Donburi und japanisches Curry sind nur Beispiele an Gerichten, die es ohne Reis nicht geben würde. Reis ist so verankert in der japanischen Kultur, dass ganze Landstriche dank ihrer Beschaffenheit für besonders guten Reis bekannt sind: Reis aus der Präfektur Niigata gilt als der beste Reis in ganz Japan.
Überlieferungen zufolge kam Reis vor ca. 3.000 Jahren vom restlichen asiatischen Kontinent nach Japan. Seitdem wird Reis in Japan als Grundnahrungsmittel angebaut und verwendet. Lange Zeit hat sich dieser Status kaum verändert, doch mit zunehmender Verwestlichung nach dem zweiten Weltkrieg hat sich der Reiskonsum, verglichen mit vor dem Krieg, verringert.
Dennoch kommt Reis auch heute noch in Japan eine andere Rolle zu als nur als Nahrungsmittel: Seit jeher steht Reis für Reichtum und wird daher als Gabe für die Götter an Schreinen und Tempeln bereitgestellt. Auch in Zeremonien wird Reis oft verwendet. Früher wurde Reis sogar als Lohn an Samurai gezahlt!
Reis wird nicht nur als Reis gekocht und gegessen, auch viele andere japanische Lebensmittel verwenden Reis als Grundzutat: Sake ist Wein aus Reis, Mochi wird aus glutenhaltigem Reismehl hergestellt und sogar Essig kann aus Reis gewonnen werden. Reis ist so wichtig in Japan, dass sein Anbau durch landwirtschaftliche Regelungen geschützt ist.
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Quellen
Sekundärliteratur:
Hatasa Kazumi, Fukutome Nami: めしあがれ – A Culinary Journey through Advanced Japanese. くろしろ出版, 2021. (🔗Amazon Link) (🔗Textbook Website)
Japan Meteorological Agency: General Information on Climate of Japan. Zuletzt aufgerufen: 15.01.2023.
新横浜ラーメン博物館: 日本のラーメンの歴史. Zuletzt aufgerufen 15.01.2023
Itoh, Makiko: Curry – it’s more ‚Japanese‘ than you think. The Japan Times, 26.08.2011. Zuletzt aufgerufen 15.01.2023.
Niigata Prefecture: Niigata Rice – No.1 Rice in Japan. Zuletzt aufgerufen 15.01.2023.
Bildquellen:
[1] Köppen–Geiger climate classification map for Japan. From: Beck, H.E. et al.: Present and future
Köppen-Geiger climate classification maps at 1-km resolution. Nature Scientific Data (2018).
Via: Wikimedia Commons, zuletzt aufgerufen 14.01.2023.
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3 Kommentare zu “Die Küche Japans entdecken: Was zeichnet die japanische Küche aus?”